"Der Glaube muss in der Kultur eine Rolle spielen, damit die Welt nicht zugrunde geht."
Ludwig Mülheims
"Jede menschliche Institution kann nur überleben, wenn sie der Kritik nicht ausweicht, sondern sie annimmt und nutzt, um nicht zu versteinern und eines Tages als steinerner Koloß zu zerfallen." Ein pessimistisches Menschenbild mit apokalyptischer Vision zeichnete der Schriftsteller Christoph Hein, als er jetzt für sein literarisches Werk "Die Ritter der Tafelrunde" mit dem Ludwig-Mülheims-Preis ausgezeichnet wurde. Mangelnde Lernfähigkeit nach dem jüngsten Zusammenbruch eines Systems bescheinigte Hein der Menschheit, "bis diese Erde, zerrieben von Weltverbesserern, die als Verbrecher enden, und versteinerten Institutionen, deren Engagement alleine darauf gerichtet ist, ihre Kritiker mundtot zu machen, vernichtet sein wird. Eine menschliche Institution ging bankrott, weil sie geistlos geworden war, die Idee verloren hatte", stellte der Autor aktuelle Zusammenhänge zwischen seiner Bearbeitung des historischen Stoffs der legendären Sage von König Artus und dem Untergang der DDR her. Literatur als Ausdruck der Gesellschaft sei niemals nur Kunst, sondern zugleich Gewissen, begründete der Vorsitzende der Preis-Jury, Künstlerseelsorger Dr. Friedhelm Hofmann, die Ehrung des Schriftstellers mit dem Preis für religiöse Dramatik. Stiftungszweck ist die Förderung religiösen Gedankengutes in deutschsprachigen Texten: Den Preis, der im vergangenen Jahr erstmals an Tankred Dorst vergeben worden war und mit 30.000 Mark zu einem der bestdotierten deutschsprachigen Literaturpreise gehört, überreichte dem ehemaligen DDR-Autor Hein bei einem Festakt der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner. Er verwies auf die Gabe der Sprache als eine der kostbarsten Schöpfungen, die dem Menschen eigen seien.
Als eine "politische Allegorie" wertete der Münchener Theaterwissenschaftler Dr. Günther Erken die "Tafelrunde" des "aufklärerischen Moralisten" und Chronisten Hein, der mit "Mut und Ironie" eine "Parabel der DDR" geschrieben und seinem 1989 in Dresden uraufgeführten Kammerspiel historische Tragweite gegeben habe. Kritik am System heißt für Hein vor allem aktuell: Kritik am Missbrauch der Umwelt. Ob Gott in der Tat lächelte – im Angesicht des drohenden Weltunterganges, der Vernichtung der Schöpfung auf diesem Planeten – wie Hein dem Publikum glauben machen wollte, mag nach christlichem Verständnis zu bezweifeln sein. Eine resignative Weltsicht, die sich dem Gesetz des unabänderlichen unterordnet, kann kaum die Freiheit eines gläubigen Christen nach der von Gott gewollten Ebenbildlichkeit berücksichtigen. Denn der Christ ähnelt nicht den Gefährten der "Tafelrunde", die die hoffnungslose Suche nach dem Gral dem Synonym für Erlösung, aufgegeben haben. Hier hingegen, in der modernen Fassung der Artus-Geschichte, erkennen die müden Helden die Vergeblichkeit ihrer Mühen. Desillusioniert, geradezu entmythifiziert läßt Hein seine Protagonisten, die ehemals für ihre Ideale zum Kamp entschlossen waren, die Waffen strecken. Heins Abgesang auf die Schöpfung, deren Zerstörungswerk der Menschen – so der Preisträger – unaufhaltsam betreibe, kann bei aller Bitterkeit und literarischer Anklage gegenüber der kollektiven Gleichgültigkeit dennoch als unbezwingbare "Sehnsucht nach dem Gral" gelten, würde er als ein letztes Sich-Aufbäumen gegen die selbstmörderischen Absichten der Menschheit begriffen.